• LF 20-16.png
  • KatS-Uebung Olymp_0900.png
  • Fahrzeuge 2014.png
  • gesichertes Arbeiten in Hoehen 157.png
  • KatS-Uebung Olymp_0675.png
  • Weihnachtsbaumaktion_37.png
  • Weihnachtsbaumaktion_160.png
  • KatS-Uebung Olymp_0953.png
  • Weihnachtsbaumaktion_91.png
  • Feuerwehrhaus mit Fahrzeugen.png
  • KatS-Uebung Olymp_1027.png
  • KatS-Uebung Olymp_0845.png

Tribüneneinsturz mit 250 Verletzten

In Frankfurt übten Rettungsdienste aus 17 Landkreisen den Ernstfall

Ein Horror: In der Fraport-Arena in Unterliederbach stürzt ein Teil der Tribüne ein. 250 Personen sind verletzt, 140 davon schwer. Zum Glück war es nur eine Übung – eine der größten im Rhein-Main-Gebiet.

Von Thomas J. Schmidt

Frankfurt. Mehr als 100 Rettungsfahrzeuge warteten vor der Halle auf die Verletzten.

Um Punkt 10 Uhr drückt Daniel Bader auf die Zündung. Mit einem Knall beginnt die Übung. Rauch steigt auf – von der Pyrotechnik, die der 31-Jährige der Freiwilligen Feuerwehr Niederrad gezündet hat. Schon sind Schreie und Stöhnen zu hören. 250 Verletzte liegen vor und hinter der zusammengebrochenen Tribüne, zum Teil eingeklemmt.

Brüche, Quetschungen, Blutungen, und das oft lebensbedrohlich. Wo sind die Ärzte, wo die Sanitäter? Die ersten Minuten vergehen quälend langsam für die Statisten, die auf der Spielfläche der Fraport-Arena – früher Ballsporthalle – liegen. Erste Helfer sind da. Aber wo zuerst hinlangen? Sie rufen Verstärkung. In der Ferne ertönen die ersten Sirenen. Schon hat die Polizei die Straßen weiträumig abgesperrt.

Frank Cornelius von der Fraport und Sven Dunkel von der Branddirektion Abteilung Gefahrenabwehr moderieren das Geschehen auf dem Spielfeld. Ringsum sitzen Zuschauer. Es sind Führungskräfte des Katastrophenschutzes aus anderen Städten, auch aus dem Ausland, so der Schweiz und Israel. Professor Leo Latasch, Leiter des ärztlichen Notdienstes Frankfurts, steht am Rand und kann nichts tun. Er versucht zu erkennen, was Sache ist. "Ich hatte keinen Einfluss mehr", wird er später sagen, "und konnte nur hoffen, dass alles klappt."

Es klappt. Etwa 30 Minuten nach der Alarmierung rollen die ersten Krankenwagen ab. Draußen vor der Halle bilden sie inzwischen Schlangen – sauber koordiniert und organisiert, so wie die Taxifahrer am Hauptbahnhof stehen. Rettungsfahrzeuge aus Frankfurt und 16 benachbarten Kreisen – auch aus Rheinland-Pfalz und Bayern – sind auf dem Weg. Sie pendeln zwischen der Fraport-Arena und 14 beteiligten Krankenhäusern.

Chips ersetzen Karten

Drinnen in der Halle werden die Schwerstverletzten inzwischen versorgt. Etwas abseits vom Unglücksort stabilisieren Ärzte die Patienten für den Transport. Die "Roten" müssen zuerst in Krankenhäuser gebracht werden. Die Übung am Samstag war eine Probe nicht nur für den Rettungsdienst, sondern auch für eine Neuerung, die Latasch maßgeblich mit entwickelt hat.

Statt wie bislang Anhängekarten an den Verletzten zu befestigen, auf denen der Name, die Verletzungen, die eingeleiteten Maßnahmen und gegebenen Medikamente verzeichnet sind, könnte künftig jeder Verletzte ein Armband bekommen: Rot für die, die sofort ins Krankenhaus müssen, Gelb für die, die noch etwas Zeit haben, und Grün für die, bei denen die ambulante Betreuung ausreicht.

So wie für Christine Schneider (31). Die Mitarbeiterin des Gesundheitsamts sitzt um 11.45 Uhr zitternd an einem Zaun unweit der Halle. Rotkreuz-Helfer betreuen sie. "Ich habe mir eine Rippe gebrochen." Sie zeigt die wirklich prachtvolle Schminke am Bauch, die einen blauen Fleck täuschend nachahmt. "Es ist erstaunlich, wie lange das doch dauert, bis Hilfe kommt", sagt sie – "wenn man da drin liegt und auf Hilfe wartet." Und wie viele Leute wirklich da sein müssen, damit alles klappt.

300 Darsteller wie Christine Schneider waren seit 8 Uhr im Einsatz. 1000 Helfer von Feuerwehr und Rettungsdiensten kamen in 250 Fahrzeugen (davon 115 Rettungswagen) zur Sporthalle. Rund 150 Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehren besetzten währenddessen die Feuerwachen in Frankfurt. Die Polizei betreute die "Grünen" psychologisch.

So wie Christine Schneider. An ihrem Arm prangt ein grünes Band. Darin eingelagert ist ein Chip, auf den ein Rettungssanitäter zuvor Christines Namen, ein Foto von ihr, ihre Verletzungen und eingeleitete Maßnahmen gespeichert hat. Das geschieht per Funk. Käme Christine ins Krankenhaus, so hätten die Krankenhäuser sie mit Hilfe ihrer Geräte identifizieren können. Zugleich kann per Handy oder mit einem eigenen Funknetz jeder alle Daten jederzeit ins System eingeben beziehungsweise auslesen.

Der Erfinder, Professor Latasch, hofft, künftig im Katastrophenfall Zeit zu sparen und Verwirrung zu vermeiden: In welches Krankenhaus ist wer gelegt worden? Wie groß ist die Kapazität der Krankenhäuser noch? Welche Verletzten sind bereits identifiziert? Mit einem Blick in den Computer kann die Einsatzleitung künftig diese Fragen beantworten und die Rettung besser planen.

Probe bestanden

Die Funkchips am Arm der Verletzten haben sich am Samstag bereits zum zweiten Mal bewährt. Binnen 38 Minuten waren 140 Verletzte in die 14 Krankenhäuser gebracht, schneller, als wenn Anhängekarten geschrieben worden wären.

Vor eineinhalb Jahren gab es eine Großübung am Flughafen: Die Chips bestanden die Feuerprobe. Latasch hofft, sein System könne in etwa einem halben Jahr eingeführt werden. Feuerwehrchef Professor Reinhard Ries ist davon überzeugt. Professor Leo Latasch erhielt am Samstag noch das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse für seine Verdienste. Die Übung wurde fünf Monate vorbereitet und kostete 250 000 Euro.

Der Artikel beim HK im Internet kann hier gefunden werden mit weiteren Bildern: