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Es roch nach Mottenkugeln

Auf der Baustelle an der Pfälzer Straße ist Naphtalin ausgegast, ein Rückstand der früheren Lederproduktion

Am Mittwochabend musste die Feuerwehr zum Baugrundstück an der Pfälzer Straße ausrücken, weil Nachbarn über Geruchsbelästigung klagten.

Von Holger Vonhof

Foto: Maik ReußUnterliederbach. Ein "undefinierbarer Geruch", so wurde der Feuerwehr gemeldet, ging von der Baustelle auf dem Gelände der ehemaligen Lederfabrik an der Pfälzer Straße / Soonwaldstraße aus. Um 19.30 Uhr rückten Einsatzkräfte mit einem Messwagen und einem Hilfeleistungs- und Löschfahrzeug aus (wir berichteten). Während Messungen angestellt wurden, deckten Feuerwehrleute das Erdreich auf der Baustelle mit Planen ab. "Es war ein großer Schreck, letztlich aber nicht dramatisch", berichtete Bauherr Michael Kuffler gestern auf Anfrage des Höchster Kreisblatts. Der Geschäftsführer der Mannheimer Bamac, die auf dem Gelände Wohnungen, einen Edeka-Markt und einen Kindergarten baut, konnte Entwarnung geben. Der Geruch, so haben unabhängige Expertisen ergeben, ist von einem Rückstand im ausgeschachteten Boden ausgegangen. Weil ein Berg Erde in der Sonne getrocknet war, hatte sich ein Stoff verflüchtigt, der für die Nachbarn vom Geruch her undefinierbar war. Früher hätte man wahrscheinlich schnell erkannt: Es roch nach Mottenkugeln.

Keine Gefährdung

In der Tat gibt es im Boden der ehemaligen Lederfabrik Rückstände eines leicht flüchtigen, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffs, das als Naphtalin bekannt ist. Naphtalin, einziger Bestandteil der früher oft verwendeten Mottenkugeln, war in der ehemaligen Lederfabrik eingesetzt worden, um Motten und andere Insekten vom Leder fernzuhalten. "Es war nichts, was gesundheitsgefährdend war", sagte Kuffler gestern. Seine Firma werde bei den Bauarbeiten auf dem Gelände der ehemaligen Lederfabrik sehr eng vom Regierungspräsidium und einschlägigen Fachfirmen begleitet, weil durchaus bekannt ist, dass der Boden stark mit Rückständen belastet ist. In den mittlerweile seit zehn Wochen andauernden Sanierungsarbeiten seien mehr als 15 000 Tonnen mittel- bis hochkontaminiertes Aushubmaterial entsorgt worden – unter anderem auf einer Sonderabfalldeponie bei Köln, in einer Bodenwaschanlage in Sachsen Anhalt sowie auf entsprechend genehmigten Siedlungsabfalldeponien.

Sanierung beendet

Die Maßnahme sei ständig vom Regierungspräsidium Darmstadt, dem Gesundheitsamt und dem Amt für Arbeitssicherheit begleitet worden. "Die Umgebungsluft wurde kontinuierlich mit Messgeräten überwacht, ohne dass die ausgewerteten Daten bisher relevante Auffälligkeiten zeigten", attestiert auch ein Gutachten der unabhängigen Firma CDM Smith, das Kuffler dem Kreisblatt vorgelegt hat. "Die Fachfirmen untersuchen jeden Kubikmeter, den wir bewegen", sagt der Bamac-Geschäftsführer. Es sei wohl "ungeschickt" gewesen, dass die Bauarbeiter am Mittwoch vor ihrem Feierabend den Erdhügel nicht abgedeckt hätten. Aber: Am Mittwoch habe es erst die letzte Freigabe für die rund zwei Millionen Euro teure Sanierung gegeben; die Arbeiten seien so gut wie abgeschlossen. Die stark belasteten Bereiche seien seit Mitte August entsorgt. Mittlerweile werde nur noch in Randbereichen gearbeitet.

Der Baugrund war mit Chromat und Schwermetallen sowie polyzyklischen Aromaten (PAK) belastet. Hierzu gehört Napthalin, das in der Frühzeit der Lederindustrie eingesetzt wurde. Der Anteil im jetzt abgedeckten Erdhaufen sei gering, doch "riecht man das bei einer bestimmten Witterung schon, bevor man es überhaupt messen kann", so Kuffler. Das habe auch die Feuerwehr und der Gutachter von CDM Smith bestätigt. Auch Vertreter des Regierungspräsidiums hätten die Baustelle gestern kontrolliert.

Derzeit gebaut werden dort 25 Wohnungen, ein Edeka-Markt und ein Kindergarten. In einem zweiten Bauabschnitt sollte ein Pflegeheim entstehen, doch diese Idee sei inzwischen verworfen worden, obwohl die Baugenehmigung bereits vorgelegen hatte (wir berichteten): "Wir sind mit dem zweiten Mietvertrag gescheitert, weil mögliche Betreiber kein geeignetes Personal finden konnten", sagt Kuffler. Ein Pflegeheim zu bauen, ohne einen Betreiber dafür zu haben, sei unsinnig. Nun werde wohl auch der zweite Abschnitt mit Wohnungen bebaut. Konkrete Pläne dafür gebe es jedoch noch nicht.

Die ehemalige Lederfabrik gehörte lange dem Bistum Limburg. Das Grundstück war ein Filetstück in Unterliederbach, doch traute sich über lange Jahre niemand, dort zu bauen, weil die Bodenbelastungen bekannt waren. Nach dem Abriss der ursprünglichen Fabrik – der rund 40 Meter hohe Schornstein war im August vor drei Jahren gesprengt worden – war das Areal in zwei Grundstücke aufgeteilt worden. Beide werden von der Bamac verwertet. Wann die Lederfabrik ursprünglich gegründet worden war, ist nicht bekannt. Erweitert wurde sie von ihrem Besitzer Heinrich Carl Dienstbach das erste Mal im Jahr 1872; ein späterer Besitzer war Carl Graubner, an den die Graubner-Villa und der Graubner-Park in Unterliederbach erinnern. (hv)